Können selbst gebackene Plätzchen nach Mathematik schmecken? Können uns Grasflecken auf der Hose die Natur näher bringen? Und ist ein Museum noch ein Museum, wenn die Besucher die ausgestellten Dinge einfach anfassen dürfen? Dies sind nur einige der wichtigen Fragen des Lebens und Lernens.
Als einer der wichtigsten Philosophen seiner Zeit ist das Bedeutendste an John Dewey gerade seine Fähigkeit, den Wert von scheinbar Unbedeutendem zu erkennen.
Ein Kind, das selbst die Zutaten für ein leckeres Backrezept misst, erlernt ganz nebenbei mathematische Kenntnisse. Ein Kind, das gemeinsam mit anderen an einem Bastelprojekt arbeitet, entwickelt spielerisch sowohl soziale als auch sprachliche Fähigkeiten. Und Kinder, die sich um einen Garten oder ein Haustier kümmern, bauen eine wichtige Beziehung zur Natur auf. Der US-amerikanische Philosoph und Pädagoge John Dewey wuchs selbst in einem strengen, religiösen Umfeld auf. Erst im Rahmen seines Studiums erkannte er, wie wichtig alltägliche Erfahrungen und Eindrücke für die Entwicklung junger Menschen sind: eine Entdeckung, die sich auch moderne Kindermuseen zu Herzen nehmen.
In einer Zeit, in der Schüler hauptsächlich passiv auswendig lernten, was ihnen frontal vorgetragen wurde, plädierte Dewey für eine neue Herangehensweise an Lern- und Lehrprozesse: Er stellte die These auf, dass Lernen und Denken – die zwei Begriffe sind für Dewey synonym – vor allem durch zu lösende Probleme gefördert werden kann. Im Rahmen seiner Untersuchungen entdeckte er, dass Kinder am besten lernen, wenn sie selbst aktiv werden und Problemen auf den Grund gehen können. Die Devise „Learning by Doing“ gilt dank John Dewey nicht nur als geflügeltes Wort, sondern als eine gründlich erforschte, belegbare Bildungsstrategie. Wenn Kinder selbst Verantwortung übernehmen, Eigeninitiative zeigen und mit anderen interagieren und kooperieren, ist ihr Lernerfolg am größten.
Wichtig ist dabei auch die Möglichkeit, sich frei zu bewegen und Dinge im wahrsten Sinne des Wortes zu „be-greifen“. Viel mehr als Erwachsene nehmen Mädchen und Jungen bewusst mit allen Sinnen wahr, ihr ganzer Körper ist Instrument zur Wahrnehmung ihrer Umgebung. Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit sind daher essentiell für ein angenehmes Lern-Umfeld. Dewey betonte auch, dass Menschen aus Fehlern oft genauso viel lernen können wie aus Erfolgen. Der Farbklecks auf Mamas Lieblingstischdecke kann also oft ebenso viel bewirken wie das fertige Bild vom bunten Blumenstrauß – auch wenn Mama das vielleicht nicht ganz so sieht …
Diese Ideen bilden den Grundstein für moderne Kindermuseen. Bei deren Konzeption liegt der Fokus nicht mehr auf der Frage „Was wird ausgestellt?“, sondern „Für wen wird ausgestellt?“. In Kindermuseen finden Kinder daher die Möglichkeit, sich frei in einem Ausstellungsraum zu bewegen, der ganz nach ihren Bedürfnissen gestaltet ist. Sie dürfen alle Exponate anfassen und nach Lust und Laune mit ihnen spielen. Spiel bedeutet immer auch Erfahrung und ist damit ein wertvolles Element des Lernprozesses. Das „hands on“-Prinzip des Kindermuseums erlaubt es Kindern, Inhalte auf ihre eigene Weise zu erfahren – und zu erspielen.
"Education is not preparation for life: Education is life itself."
Wie in diesem Zitat deutlich wird, war es für John Dewey das Wichtigste, dass wir Kindern die Fähigkeit beibringen, vom Leben selbst zu lernen. Umso besser, wenn sie diese Fähigkeit im Spielen, Tanzen und Herumwirbeln suchen – und finden.
Text: Alexandra Resch, ehem. Praktikantin im Labyrinth Kindermuseum
Bildquelle: United States Postal Office, veröffentlicht bei Wikimedia Commons