Direkt zum Inhalt

Brigitte Steiner, eine der Projektleiterinnen der StadtRebellen

Gespeichert von Labyrinth am Mi., 04.02.2015 - 10:30

Brigitte Steiner ist eine der Projektleiterinnen von „StadtRebellen – 1 km² x anders“, eine Kooperation des Labyrinth Kindermuseum Berlin mit kleine baumeister. Im LABlog erzählt Brigitte uns ausführlich vom Müll in der Stadt und Kindern, die lieber handeln, statt zu meckern …

Ich komme gerade nach Hause. Aus dem ElektroSat-Laden nebenan kommt ein junges Paar mit einem alten Elektrogerät. Sie lachen über etwas und als sie die gerade geleerten Mülltonnen auf dem Bürgersteig bemerken, öffnet der Mann beherzt die Mülltonne und wirft das wohl irreparable Gerät hinein. „Äh“, sage ich ein bisschen zaghaft, „Entschuldigung, ich glaube, das gehört da nicht rein ...“ (Was heißt hier, glaube?! Ich weiß das doch!!) Zu meiner großen Überraschung sagt er: „Ja stimmt, Sie haben recht“, klettert halb in die Tonne und holt das Ding wieder raus. So kann das gehen!

Zwei Tage später komme ich aus der Kita, eine Frau mit Hund geht an mir vorbei. Eine Radfahrerin kommt hinter der Frau her und sagt: „Hallo, Sie haben da was vergessen!“ Wie nett, denke ich noch, aber das findet die Hundebesitzerin nicht, es geht nämlich um den stattlichen Hundehaufen, den ihr Tier hinterlassen hat. Sie meint wohl nicht, dass sie den noch braucht, aufheben will sie ihn jedenfalls nicht, entsorgen aber auch nicht. Radfahrerin und Hundebesitzerin meckern sich etwas an. Resultat: leider null. So kann das auch gehen.

Wann man etwas sagt, wann man nix sagt – jeden Tag trifft man in einer Großstadt wie Berlin kleine und große Entscheidungen dieser Art. Es ist wichtig, nicht wegzuschauen, es ist wichtig, sich einzumischen – aber man weiß nie, was man davon kriegt. (Manchmal hat man danach den ganzen Tag schlechte Laune ...)

Die Grundidee des Projektes „StadtRebellen – 1 km² x anders“ ist das Einmischen. Kinder aus Kita und Grundschule erforschen gemeinsam ihren Kiez, stellen fest, was ihnen gefällt – und was eben gerade nicht. Da haken sie dann frech und rebellisch ein: Wenn es nicht genügend Zebrastreifen gibt, dann überqueren sie die Straße eben mit ihrem eigenen, extra entwickelten Take-away-Zebrastreifen. Und wenn es zuviele Zigarettenkippen gibt, dann markieren sie diese grellgrün und legen Botschaften aus wie „Dein Aschenbecher, mein Kiez“.

Müll, Kippen und Hundehaufen sind immer wieder Themen der Kinder im StadtRebellen-Projekt.

Das ist nicht verwunderlich, sind sie doch ständig viel näher an all dem dran als die Erwachsenen. Spielen auf dem Spielplatz, Ballholen im Gebüsch, Rennen oder Laufrad Fahren – immer laufen Kinder Gefahr, ekliges Zeug an Hände oder Füße zu bekommen.

Erstaunlich aber, wie wenig die Kinder meckern! Ihr Motto scheint wirklich zu sein: Nicht meckern, sondern handeln, und das im Falle von Hundehaufen aber vor allem präventiv! Das heißt, wenn man die Hundehaufen loswerden will, dann muss man verhindern, dass sie überhaupt erst liegen bleiben und dafür eine praktische und freundliche Lösung anbieten: die Hundebaumgürtelservicestation.

An vielen Ecken in der Stadt scheinen sich Menschen über ähnliche Dinge Gedanken zu machen. Neulich habe ich im Graefekiez diese Bierkästen entdeckt:

Beides sind freundliche Hilfestellungen dafür, seinen Müll nicht auf den Straßen liegenzulassen (… und im letzten Fall für den Flaschensammler eine Erleichterung, nicht im Mülleimer graben zu müssen.).

Wie schafft man es, in den Köpfen etwas zu ändern? Wie kriegt man die Leute dazu, die Stadt nicht zu vermüllen? Noch besser, gar nicht erst Müll zu produzieren?

Nur eine meiner Strategien: Ich trinke gerne Kaffee, auch unterwegs, aber die Take-away-Becher schaffe ich zu vermeiden, dank meiner „keep cup“. Sieht auch noch gut aus! Die kriegt man z.B. im Café Rudimarie am Weichselplatz, Neukölln.

Und tatsächlich, wenn man Müll wirklich loswerden, nein, vermeiden will, dann schafft man das auch. Neulich sah ich bei Arte im Future Mag einen Beitrag über San Francisco, Thema „Null Müll“. Die Stadt will bis 2020 ihren Abfall auf null reduzieren. Unter anderem verbieten die schlichtweg Plastikflaschen, One-Way-Becher und -Behälter. Für Verbraucher gibt es vor allem finanzielle Anreize, wenig Müll zu produzieren. Und die Müllabfuhr ist gleichzeitig „Müllpolizei“. Aber wie nett die sind: Statt sofort Mahngelder und Bußen aufzuerlegen (das wohl eher bei Firmen …), nehmen die auch einfach mal zwei Farbeimer aus den Mülltonnen wieder heraus und stellen sie dem Eigentümer vor die Haustür – mit einem freundlichen Hinweis, wo die Eimer richtig zu entsorgen seien.

Null Müll. So kann es gehen.

+++

Foto: Brigitte erkennt ihr auf dem Foto als die Frau mit dem Mini-Megaphon, und rechts daneben lacht StadtRebellen-Projektleiterin Jessica Waldera …